Neurodivergenter Künstler (Autist, Asperger), Buchautor, TV- und Filmproduktion, Speaker, Artistic Research: Armutsforschung (Klassismusforschung) Die Zukunft der Arbeit.

1998

Timothy Speed 1998

Arbeiten für die New Economy - Eine der absurdesten Erfahrungen meines Lebens

Ich bin seit gestern Teil des Teams einer großen Berliner Medienagentur, bekomme sehr viel Geld, ein Flugticket und soll sofort in die Schweiz zu einem Meeting fliegen. Ich stehe auf, frage warum, weil ich das für überstürzten Ressourcenverschleiß halte. Es kommt zu einem heftigen Streit mit der Projektleitung. Ich fliege sofort aus der Firma raus. Anscheinend habe ich nicht die richtige Einstellung, sagt man.

Wenige Jahre später kommt es zu einem der größten Börsenzusammenbrüche aller Zeiten. Ich wusste es würde passieren. Aber keiner wollte es hören. 

Wenn man wissen will wie irre der Kapitalismus tatsächlich ist, sollte man die New Economy erlebt haben. 

Wenn ich heute gegenüber der Ökonomie kritisch bin, wenn ich mich blindem Erfolgsstreben verweigere, wenn ich auf die Konsequenzen für Mensch und Ökosystem hinweise, dann tue ich dies vor dem Hintergrund von Erfahrungen, die für mich zu Konsequenzen führen. 

Nie wieder Erfolgsrausch! Nie wieder die Vorstellung der Kommerz führe zu einer besseren Welt! Nie wieder einfach angepasst mitmachen, nur weil etwas viel Geld bringt oder gut bezahlt wird!

Ich habe die Opfer des Kapitalismus gesehen.

Viele wollen damals etwas Anderes. Wir kämpfen für komplexere Inhalte im Internet, für mehr Tiefgang und Relevanz. Mit vielen Projekten fordere ich schon in den 90ern Konzerne auf, die Türen für echte kreative Prozesse zu öffnen. 

Schließlich aber verzocken sie alle Chancen und geben dem Kreativen am Ende die Schuld. Von diesem Moment an, mit Ende der 90er wird die Kreativität des Menschen in der Ökonomie wieder an die Leine gehängt. 

Es kommt für mich erneut zur Entscheidung, weiter mitzumachen, oder sich zu widersetzen, um eine andere Ökonomie zu entwickeln.