Timothy Speed – Autistischer Künstler und Forscher, Filmemacher, Buchautor, Aktivist
Timothy Speed (geb. 1973 in Middlesbrough, Großbritannien) ist ein britisch-österreichischer, neurodivergenter Künstler, Autor und Bewusstseinsforscher. Seine Arbeit bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Artistic Research, Gesellschaftskritik und radikaler Erkenntnistheorie. Seit fast drei Jahrzehnten lebt und arbeitet er in Deutschland (Raum Berlin), nach einer prägenden Phase (15 Jahre) in Österreich. Er ist Vater von drei Kindern und lebt mit der feministischen Künstlerin Kaj Osteroth und einem gemeinsamen Kind im Berliner Umland.
Ausgebildet in Film und Medien bei Richard Kriesche (HTBLA Graz), verbindet Speed in seinem Werk ästhetische Forschung, soziale Intervention und theoretische Reflexion zu einem erkenntniskritischen Gesamtkunstwerk. Im Zentrum steht eine radikal verkörperte, autistisch fundierte Form von Wissenschaftlichkeit, die sich konsequent außerhalb klassischer Paradigmen bewegt. Seine neurodivergente Konstitution (AuDHD, ADHS, Hochsensitivität und Hochbegabung) bringt dabei eine einzigartige kognitive Architektur hervor: hyperlogisch, hochsensibel und moralisch unnachgiebig.
Seine Forschung fußt auf einem „inneren Labor“ – einem subjektiven, aber erkenntniskritisch präzisen Erfahrungsraum, in dem Wahrnehmung, Denken, Gefühl und Handlung miteinander verschränkt sind. Aus dieser Praxis heraus entwickelt er eine Wissenschaftskultur, die nicht objektiviert, sondern resonant ist, inspiriert u. a. von Karen Barads agential realism, Donna Haraways situated knowledges, Robin Wall Kimmerers relationaler Ökologie und der neurodivergenztheoretischen Kritik von Melanie Yergeau und Damian Milton.
Im Sinne Barads begreift Speed Forschung nicht als distanzierten Erkenntnisakt, sondern als Intra-Aktion mit der Welt – ein performatives, materiell-diskursives Ereignis, das durch Beziehung, Differenz und Verantwortung konstituiert ist. Erkenntnis ist für ihn kein Besitzstand, sondern ein ethischer Prozess, in dem Wahrheiten entstehen, weil sie leiblich gespürt, künstlerisch geformt und politisch getragen werden.
Seine Methode steht quer zur normierten Wissenschaft, nicht aus Ablehnung, sondern weil sie einem anderen epistemischen Paradigma entspringt: einem, das aus autistischer Kohärenz, sozialer Differenzerfahrung und schöpferischer Notwendigkeit heraus handelt. Hier entstehen neue Begriffe, neue Ordnungssysteme und neue Ethiken – jenseits von Objektivität und Beweiszwang. In seinen Büchern, Performances und Interventionen manifestiert sich dieses Denken in einer Verbindung von analytischer Tiefe, poetischer Dichte und radikaler Gesellschaftskritik.
Timothy Speed vertritt eine post-neurotypische Wissenschaftskultur, in der Subjektivität nicht als Verzerrung gilt, sondern als produktive Voraussetzung für neue Formen von Weltverstehen.