In Jahrzehnten der Forschung (Artistic Research), angesichts der Krisen der vergangenen Jahre, versuchte ich der Frage nachzugehen, welche Arbeit (als dominante Handlungsform des Menschen) die heute angemessene ist und wie Wert von Arbeit und Beitrag in einem ökologischen und nachhaltigen Sinne zu verstehen wäre.
Dabei stellte sich heraus, was zunächst an sich nicht neu ist, dass die „Jobs“ in ihrer Fremdbestimmung (Marx), im “Iron Cage” (Weber) zu oft zu opportunistischem Verhalten führen und sich negativ auf Solidarität und authentische Verantwortung auswirken, also auf die wichtigen Bausteine humaner und innovativer, kreativer Zusammenarbeit.
Dadurch wurde gesamtgesellschaftlich immer weniger an den “eigentlichen Problemfragen”, im Sinne des Gesamtbildes (Ökologie, Ökonomie, Soziales)der Gesellschaft gearbeitet. Verantwortung verschob sich zu einem reinen Gehorsam gegenüber dem Markt, um Geld zu verdienen, um niemandem zur Last zu fallen, während genau das am Ende alle psychisch, ökologisch und ökonomisch belastete. Eine Folge der privatwirtschaftlichen Arbeitsteilung.
Weil eine Arbeitsweise, die teilweise oder ganz das größere Bild reintegriert, eine langwierige und über Löhne kaum zu bezahlende Arbeit wäre und ist, schien eine Lösung in weiter Ferne. Es ging um einen Ansatz der Demokratisierung der Arbeit. (Axel Honneth), somit der Demokratisierung des Kapitalismus selbst (Thomas Piketty).
Was wir vielleicht heute brauchen, ist nicht kompatibel mit einem auf Effizienz allein basierenden Arbeitsmarkt. Die Jobs verengen den Menschen.
Bei diesen Untersuchungen ging es zwar wie gesagt auch um bekannte Phänomene wie die Entfremdung nach Marx, oder die Bullshit-Jobs nach David Graeber, oder um Ansätze wie “New Work” (Frithjof Bergmann), aber ich versuchte darüber hinaus herauszufinden, wie man es anders machen kann, wenn man selbst in Systeme eingreift. Vieles lies sich nicht verallgemeinern, oder wurde wie bei “New Work” schlicht vom Kapitalismus vereinnahmt.
Denn die klassischen Ansätze beschreiben das Bild von Außen, diese ForscherInnen haben in der Regel nicht selbst versucht ihre eigene Arbeitsweise radikal zu verändern. Es waren oder sind AkademikerInnen in ProfessorInnen-Jobs.
In unzähligen empirischen Experimenten mit Unternehmen und staatlichen Stellen, durch Provokation und Intervention, erforschte ich, wie sich Institutionen verhalten, wenn konkrete Menschen versuchen darin individuelle Wünsche, Erkenntnisse, Feststellungen von Problemen oder Krisen einzubringen, zu einem Teil der Arbeit zu machen. Diese in Besitznahme der Arbeit, durch den verantwortlich gewordenen Menschen, wurde dabei zur Grundlage der Erarbeitung neuer Regeln oder Rahmen, in denen eine andere Form des Arbeitens, eine Arbeit als Arbeit an der Welt, an der Gesellschaft, den Kapitalismus und das Patriarchat umzuformen begann, jedenfalls im Experiment. Man könnte es als einen Versuch der Erweiterung des Kapitalismus verstehen. Indem das Privatwirtschaftliche mit dem Individuellen und dem Gesamtgesellschaftlichen und Ökologischen verbunden wurde. Jedoch viel radikaler als im Sinne der Schlagworte wie Nachhaltigkeit oder bei Zuweisungen gegenüber der Arbeitshaltung der “revolutionären” Genration X, Y oder Z. Auch anders als in vielen Unternehmen, schlicht ein wenig Greenwashing hier, ein wenig sozialer Work-Life-Ballance dort, oder die scheinbare Integration von “New Work”, ohne dass es weh tut, legte ich die Betonung auf eine Integration von unten, also durch das die Welt subjektiv erlebende Individuum. Durch den unangepassten Menschen, der kritisch interveniert. Erst hier zeigte sich das Konkrete.
Erst wenn man probierte, radikal, die eigentlich angebrachte Arbeit zu leisten, in subjektiver und ganz individueller Antwort, denn nur das Individuum erkennt Probleme, man also die Problemfelder dieser Gesellschaft nicht ignorierte, oder im Marketing beschönigte, wurde und wird erkennbar wie primitiv, wie unfähig und schädlich der kapitalistische Markt tatsächlich in dessen unzähligen Verkürzungen ist. Wie einseitige Wertzuweisung zu massiver Zerstörung führt. Wie Ausgrenzung und Ausbeutung verlaufen.
Der einzige Hebel den der Mensch heute noch gegen den Kapitalismus hat, ist die Überwindung der Angst vor der Armut und der damit verbundenen Stigmatisierung.
Hier zeigte sich der Vorteil des Forschungsansatzes im Artistic Research, in dem das Individuum als Auslöser der Versuchsanordnung Teil des Experiments ist. Dadurch konnte Kunst, Aktivismus und Forschung verbunden werden.
Ich ging in Firmen und Behörden und begann diese Umzubauen, zu provozieren, zu beraten, zu inspirieren oder zu verschrecken. Störung und Reintegration der Erfahrung wurde zum Werkzeug der Erforschung neuer Zugänge zu Arbeit. Die oft finanziellen Folgen wurden der Gesellschaft zur Diskussion gestellt, im Sinne von: “Wollt Ihr lieber, dass ich Gummibärchen verkaufe, oder wie geht Ihr jetzt mit der Arbeit die ich mache um?”
Man kann lange Theorien dazu erarbeiten, was ich auch tat, aber mir ging es besonders darum in praktischen empirischen Experimenten wie dem “Radical Worker” die Reibungsflächen sichtbar zu machen und zu zeigen, wie es anders gehen könnte. Dabei entstanden eben gerade nicht die üblichen sozialistischen Visionen, sondern eine Haltung, in der es darum ging das Individuum als solches aufzuwerten, jedoch nicht als vorformatierte Schein-Diversität einer VerbraucherIn im freien Markt, sondern als authentisch erarbeitete Abweichung, die in der Masse komplexere und somit tatsächlich freiere ökonomische Strukturen und Gesellschaften implizierte, oder zumindest einen Weg dort hin sichtbar machte. Denn die Grundlage der Freiheit ist immer eine vielfältige Grundstruktur. Umso komplexer, umso liberaler, wird die Angst aus dem System genommen, was heute ein erhebliches Problem geworden ist, da auf Komplexität nicht mit mehr Freiheit, sondern mit mehr Simplifizierung geantwortet wird.
Die kritische Konsumentin ist im Grunde zu schwach, nur die kritische ArbeiterIn oder Angestellte, oder UnternehmerIn, die den Job im Sinne der Menschheit in Besitz nimmt, vermag die Kraft zu notwendiger Veränderung der ökonomischen und ökologischen Verhältnisse unserer Zeit, aus dem Boden zu heben.
Hier finden Sie eine Zusammenstellung von einzelnen Begriffen und Konzepten, die im Rahmen dieser Arbeit von 30 Jahren entstanden. Mehr dazu auch in meinen Büchern.
Theorien und Begriffe aus der Arbeit zwischen 2001 und 2024.
Die Submergenz ist ein wesentliches Problem unserer Zeit. Das Konzept macht begreifbar wie Phänomene wie Fake-News, Globalisierung, Simplifizierung, oder der Zerfall der Solidarität, der tiefer gehenden Beziehungen in gesellschaftlichen Strukturen entstehen und wirken.
Submergenz beschreibt einen Zustand, bei dem die Unterscheidungsfähigkeit verloren geht, weil sich Systeme oder Strukturen so stark vereinheitlichen, dass kreative und dynamische Kräfte nachlassen. Dieser Mangel an Kreativität und Entwicklung ist unmittelbar mit einer statischen Definition von Realität verbunden, da die Wahrnehmung von Realität flach und oberflächlich wird.
Im Prozess der Entstehung führt Submergenz zu einer Isolation des Systems, wodurch es komplexe äußere Einflüsse nicht erkennen kann. Dies resultiert in einer Auflösung sozialer Strukturen, Wirtschaftskrisen und einem zunehmenden Verfall der Intelligenz in Führungsebenen.
Die Lösung dieses Zustands liegt in der Wiederbelebung des Systems durch das Etablieren von Beziehungen und Erlebnissen, die von der Norm abweichen – eine Herausforderung der Submergenz durch individuelle und abweichende Wahrnehmungen. Im wirtschaftlichen Kontext bedeutet dies die Abkehr von Massenprodukten und die Förderung diversifizierter, ökologisch-integrativer Strukturen.
Die heutige Relevanz des Konzepts der Submergenz liegt in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Zum Beispiel trägt der Zustand der Submergenz in der Politik zu einer Schwächung des Realitätserlebens bei und unterstützt die Entstehung von Populismus, der auf Simplifizierung und die Spaltung von Indimergenz – der blockierten Einheitlichkeit von Objekten – angewiesen ist. In der Wirtschaft verstärkt die Submergenz durch Standardisierung und Versachlichung die Tendenz zum Monopolismus und untergräbt die Lebenskraft von ökonomischen Ökosystemen.
Um der Verflachung der Lösungskompetenzen, dem Rechtsruck, der Simplifizierung, und der Verbreitung von Fake News entgegenzuwirken, müsste eine politische und wirtschaftliche Abkehr von konstanten Submergenz-Streben erfolgen. Dies beinhaltet das Vorleben von echter Diversität, das Ermöglichen abweichender Erfahrungen und eine Abkehr von rein objektivitätsbasiertem Realitätsverständnis. Es erfordert auch, dass sich Individuen und Gesellschaften von starren Konstruktionen lösen und in lebendigen Beziehungen engagieren, um so kreatives und dynamisches Potenzial zu reaktivieren.
Timothy Speed betrachtet das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) vor dem Hintergrund der Ausbeutung im Kapitalismus und verknüpft dieses mit Fragen der ökonomischen Wertschöpfung und gesellschaftlicher Integration. Speed erklärt, dass das BGE das Problem der Ausbeutung nicht zwangsläufig löst, weil die Abhängigkeit von hohem Wachstum bestehen bleibt, um es zu finanzieren, wenn es nicht zu einer Homogenisierung der Werteverteilung, sprich einer Lösung der massiven Ungleichheit kommt. Das BGE könnte somit lediglich eine Verschiebung der Ausbeutung bedeuten. Speed versteht das BGE als mögliche Antwort auf die Herausforderungen einer auf Effizienzsteigerung und Simplifizierung ausgerichteten Gesellschaft, mit dem Ziel, die Zerstörung von Vielfalt zu stoppen und Wirtschaftskompetenz auch bei Armen zu stärken.
Speed sieht das BGE aber zunächst als Übergang zu einer veränderten Ökonomie, welche Werte breiter begreift, also zu einer umfassenden Aufwertung des Menschen führt, somit zur Intergration bisher ungesehener Beitragsformen, die zu wenig oder nicht honoriert werden.
Er fordert damit eine Ökonomie, die umfassender und vielfältiger ist und den Mensch sowie seine Komplexität in den Mittelpunkt stellt, anstatt ihn an die Anforderungen des Marktes und Produktivitätsdenkens anzupassen. Seine spezielle Sicht auf das BGE zeichnet sich also durch eine kreative und integrative Betonung von Individualität und sozialer Gerechtigkeit aus, die eine Basis für neue Formen der Wertschöpfung und des gesellschaftlichen Zusammenhalts bilden kann.
Speed betont aber das ein BGE allein nichts die fundamentalen Probleme löst, sondern wir grundsätzlich zu einer Aufwertung gelangen müssen, die hohe innere Diversität einer Ökonomie als Ökosystem ermöglicht, die Existenzangst aus dem System nimmt und Zusammenarbeit und Beziehungsfähigkeit fördert. Denn ein BGE könnte sonst auch zur Abstellkammer ganzer Gesellschaftsschichten werden.
Das Konzept des oppositionellen Sozialsystems, wie es von Timothy Speed dargestellt wird, steht in Kontrast zu herkömmlichen Sozialsystemen wie beispielsweise einem Bürgergeld. Speed sieht das Problem, dass bestehende Sozialsysteme die komplexen Ursachen der Armut durch Simplifizierung und Stereotypisierung verdecken und die revolutionäre und innovative Kraft, die in der Armutserfahrung steckt, also das Wissen über die Probleme und Konflikte der Gesellschaft, ungenutzt bleiben. Man will die Armen umerziehen, was die ganze Gesellschaft immer enger in Richtung Anpassung führt, wodurch der Ökonomie als Ökosystem massiver Schaden zugefügt wird. Speed sieht die Lebensgrundlage der Ökonomie, wie in einem Ökosystem überwiegend im Erhalt der Diversität. Das aber erfordert ein Sozialsystem, dass Arme als Opposition auf Augenhöhe mit den Bessergestellten bringt. Speed lehnte das von ihm als ineffizient empfundene Hartz IV-System ab und setzte sich kritisch mit den ökonomischen und gesellschaftlichen Problemen der Armut auseinander. Sein Vorschlag zu einem oppositionellen Sozialsystem setzt auf die Schaffung einer Gesellschaft, die individuelle und unangepasste Menschen sowie eine kreative und humane Wirtschaft unterstützt.
Die Bedeutung dieser Form eines oppositionellen Sozialsystems für die Gesellschaft wäre die Ermächtigung marginalisierter und kritischer Stimmen, die Ermutigung zum Ausdruck von diversem und abweichendem Verhalten und ein verstärkter Fokus auf menschliche Werte und Bedürfnisse über rein marktwirtschaftliche Überlegungen hinaus. Durch die Einführung eines solchen Systems, so argumentiert Speed, könnten komplexe Ordnungen entstehen, die mehr als nur ökonomisches Wachstum fokussieren – es geht um Gestaltungskraft und das, was Menschen individuell im Leben gestalten können.
In seinen “systemkreativen” Ansätzen bietet Speed Antworten auf die Frage, wie eine Alternative zum Kapitalismus aussehen könnte – eine neue Ökonomie, die auf Authentizität und Menschlichkeit basiert. Er betont, dass das Soziale nicht im Widerspruch zur ökonomischen Sichtweise stehen muss, sondern dass es vielmehr eine integraler Bestandteil einer umfassend funktionierenden Wirtschaft und Gesellschaft sein sollte, aufbauend auf einer Kultur des Vertrauens und des Respekts für Vielfalt und kritisches Denken.
Timothy Speed präsentiert in seinen Werken das Konzept des “Radical Worker” als ein Rollenmodell für eine neue Art von ArbeiterIn. Diese Person widersetzt sich dem reinen Profit- und Erfolgsstreben und orientiert sich stattdessen an einer umfassenden Sinnhaftigkeit und “echter” Relevanz, selbst wenn dies bedeutet, dafür keinen Lohn zu erhalten und vom Markt bestraft zu werden. Speed lebte dieses Modell praktisch vor, indem er in Unternehmen unaufgefordert mithalf, rausgeworfen und vom System ausgegrenzt und verfolgt wurde. Sein Ansatz ist eine direkte Herausforderung an den Kapitalismus und zielt darauf ab, ein neues Verständnis von Arbeit zu etablieren und damit eine gerechtere Wirtschaft.
Die Wichtigkeit selbstbestimmter Arbeit ergibt sich aus der Vision einer Wirtschaft, die sowohl menschlichen als auch ökologischen Kriterien gerecht wird. Erst diese intrinsisch motivierte Individualisierung, entgegen dem extrinsisch motivierten Individualismus im kapitalistischen Markt, schafft die Diversitätsgrundlage, die ein Ökosystem und eine echte Demokratie brauche. Denn gerade die Arbeit ist oft das wesentliche Handeln in der Gesellschaft, sollte also demokratisiert sein. Selbstbestimmte Arbeit ermöglicht es den Menschen, ihre Fähigkeiten und Interessen in einer Weise zu entfalten, die nicht nur dem Individuum, sondern auch der Gesellschaft und der Umwelt zugutekommt. Speed sichtet den Mangel an selbstbestimmter Arbeit als einen zentralen Grund für soziale und ökologische Missstände innerhalb des kapitalistischen Systems
Selbstbestimmte Arbeit ist für Speed von großer Bedeutung, da sie Ausdruck individueller Freiheit und Kreativität ist, die wesentliche Elemente für die Entwicklung einer vielfältigeren und kreativeren Gesellschaft und Wirtschaft darstellen. Durch die Freiheit zur eigenständigen Gestaltung und dem Ausleben subjektiver Themen werden konventionelle Ansichten herausgefordert und Innovationen vorangetrieben, wodurch sich auch die Wirtschaft und Gesellschaft weiterentwickeln können. Speed vertritt die Ansicht, dass derartige Prozesse für die Realitätskompetenz und Entwicklungsfähigkeit einer Gesellschaft entscheidend sind.
In einer Wirtschaft, die auf Selbstbestimmung basiert, geht es weniger um Effizienzsteigerung oder Simplifizierung, sondern um das Ziel, Vielfalt zu erhalten und eine neue Art von ArbeiterIn zu fördern, die sich persönlichen und inneren Impulsen widmet. Solch ein Ansatz kann irritierend wirken und wird oft von staatlichen Strukturen nicht geschätzt, da es diesen entgegensteht und in existierende Wirtschaftssysteme destabilisierend eingreifen kann.
Speed analysiert und kritisiert den Kapitalismus und das ökonomische System aufgrund ihrer Tendenz, nicht oder schlecht bezahlte, aber gesellschaftlich bedeutsame Arbeit zu marginalisieren und die Verantwortung für Armut und Verschuldung individuell zuzuschreiben. Durch selbstbestimmte Arbeit und kreative Gestaltungskraft können Menschen individuell im Leben gestalten, was mehr über den realen Wohlstand einer Gesellschaft aussagt als bloßes Wirtschaftswachstum.
Speed sieht in der Förderung der Teilhabe von kritischen, unangepassten Persönlichkeiten im ökonomischen System nicht nur ein Recht, sondern auch eine Notwendigkeit, um echte demokratische Prozesse und komplexere Ordnungen zu entwickeln. Dieser Ansatz erfordert eine Auseinandersetzung mit den inhärenten Werten, Wissensgrundlagen und Identitätskonstrukten. Er drängt auf ein positives Verständnis von abweichendem Verhalten, um Entfaltungsmöglichkeiten innerhalb der Gesellschaft zu schaffen, die über die vereinfachte und konform geprägte Realität hinausreichen.
Durch seine Arbeit und die Verweigerung der Anpassung hat Speed beispielhaft aufgezeigt, wie selbstbestimmtes Handeln die ökonomischen und gesellschaftlichen Strukturen in Frage stellen und zu einer differenzierteren und kreativeren Ökonomie beitragen kann.
“Im Kern geht es in meiner Arbeit um die Beziehung zwischen Individuum und Institution, System, Unternehmen oder Staat, denn weder Kapitalismus noch Sozialismus vermochten den Einzelnen als Abweichung zu integrieren, als diversifizierten einzigartigen Beitrag, der zu jener Diversität führt, die ein Ökosystem benötigt, um sich selbst zu erhalten.”
Das Konzept des Entfaltungsabstandes betrachtet Fortschritt im Kontext der Qualität des individuellen Lebens, also des Verhältnisses zwischen dem Aufwand, den ein Einzelner betreiben muss, um sich den Fortschritt zunutze machen zu können, und dem Mehrwert, den dieser Fortschritt liefert. Es legt nahe, Fortschritt nicht allein über Wirtschaftswachstum zu definieren, sondern darüber, ob und wie ein Fortschritt die Lebensqualität real erhöht.
Technologischer Fortschritt kann zu einer Verringerung des Entfaltungsabstandes führen, beispielsweise durch die Einführung einer Technologie, die zwar für einige Freiheiten und Möglichkeiten schafft, dabei aber auch den Markt verengt, wodurch Druck auf den Einzelnen wächst und letztlich neue Armut entstehen kann.
Der Entfaltungsabstand wird also als ein Maß für die erlebte Freiheit und persönliche Entfaltung in einer Ökonomie verstanden, die über bloßen materiellen Wohlstand hinausgeht und in der theoretischen Reflexion und ökonomischen Praxis betrachtet werden sollte. Es wird kritisiert, dass der Kapitalismus und seine Wachstumsdynamik den Entfaltungsabstand oft ignorieren und stattdessen mehr Arbeit und Leistung fordern, ohne die Lebensqualität zu steigern.
Die Idee des Entfaltungsabstandes zielt darauf ab, Fortschritt differenzierter zu betrachten, um sicherzustellen, dass technologischer und wirtschaftlicher Fortschritt wirklich zu einer umfassenderen Lebensqualität für alle beiträgt.
Die Theorie der Wertgrenze, von Timothy Speed, behandelt in ihren Implikationen die Ungleichheit, Diskriminierung und Ausbeutung im Kapitalismus durch die Verknüpfung von ökonomischem Wert und Macht. In dieser Theorie wird angeführt, dass die reichsten Menschen ihren Wert nicht öffentlich belegen müssen, ein Beweis ihrer Macht liegt in der Fähigkeit zur Entwertung Anderer, wodurch sie ökonomischen Reichtum generieren und erhalten. Die Wertgrenze führt dazu, dass menschlicher Beitrag und Leistung jenseits des ökonomischen Wertes marginalisiert und entwertet werden.
Folge dieses Systems ist, dass alles entlang einer einzigen ökonomischen Referenz bewertet und Alternativen zwangsläufig unterdrückt werden, wodurch eine unsichtbare Diskriminierung entsteht. Dies wird besonders sichtbar in der Geschlechterdiskriminierung, und es entstehen gesellschaftliche Schichten, die aufgrund dieser Wertgrenzen nicht aufsteigen können, da der Wert der Arbeit von der tatsächlichen Arbeit entkoppelt wird und durch mehr Leistungsdruck ersetzt wird.
Auf individueller Ebene resultieren daraus systematisch strukturelle Benachteiligungen und eine Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und Reich. Die Wertgrenze konstruiert eine Erzählung von Erfolg für die einen, während sie die Anderen als Verlierer darstellt, trotz vergleichbarer Leistung. Arbeit, die an ökonomischen Referenzen gemessen wird, verliert zunehmend ihren authentischen Wert und wird zur Ware, die ausgenutzt werden kann.
Die gesellschaftlichen Auswirkungen davon sind enorm und zeigen sich in Formen der zunehmenden Ungerechtigkeit in der Verteilung und Bewertung von Arbeit und Leistung, was wiederum zu politischem Frust und auch der Stärkung rechter Bewegungen führt. Aufgrund der starren Wertgrenzen gibt es Arbeitsfelder, die von gesellschaftlichem Aufbau und gemeinsamem Profitieren ausgeschlossen sind, und die Diskriminierung im Kapitalismus trägt erheblich zu Ungleichheiten bei.
Letztlich ist die Wertgrenze eine unsichtbare Macht, die viel wertvolles menschliches Tun verhindert oder bestraft und zu Diskriminierung innerhalb des Marktes führt. Ein grundlegendes Problem entsteht dabei durch die Entwertung vieler Menschen im Markt aufgrund von Spaltungsmechanismen, die Gerechtigkeit und demokratische Beteiligung systematisch verhindern. Menschen werden so aus dem ökonomischen System entkoppelt. Ähnlich wie auch das Ökosystem davon entkoppelt wird.
In der Arbeit von Timothy Speed spielen Beziehungen und Beziehungsfähigkeit eine zentrale Rolle, da sie für ihn ein entscheidender Faktor sind, um in der Gesellschaft sowie in der Wirtschaft Authentizität und Menschlichkeit zu fördern. Er betrachtet die radikale Beziehungsfähigkeit als Grundlage innovativer Wertschöpfung und als Mittel, um neue Märkte zu schaffen. Speed sieht darin den wesentlichen Hebel, um komplexe und freie Ordnungen zu ermöglichen, die sowohl die persönlichen als auch gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte integrieren.
Er fordert, dass sich Unternehmen durch den Menschen komplexeren und freieren Strukturen stellen. In seinem Zugang zu Wirtschaft und Gesellschaft lehnt er eine Trennung des Persönlichen vom Staatlichen ab, da in seiner Ansicht alles mit allem in Beziehung steht. Speed stellt die Verantwortung des Individuums in den Vordergrund und betont, dass es nicht nur für die unmittelbaren Pflichten des Alltags verantwortlich ist, sondern auch für das globale Geschehen und die persönliche Integrität gegenüber kommerziellen Interessen.
Sein Werk ist getrieben von der Absicht, konventionelle Lebens- und Arbeitsweisen herauszufordern und persönliche sowie gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen, indem er neue Perspektiven auf Krisen und bestehende Strukturen bietet. Um dies zu verwirklichen, hat er auch sein persönliches Leben diesen Idealen angepasst, indem er zum Beispiel für eine Zeit in einem Zelt lebte, um seine Haltung zur Wirtschaft in seinem Roman “Stieren des Weltdesigners” zu vertiefen.
Speeds Arbeiten stellen bewusst traditionelle Vorstellungen von Literatur und Kunst in Frage, da er Themen subjektiv auslebt und sich angreifbar macht, um den Blick für das Neue und Unmittelbare zu schärfen. Er versteht sich als ein Künstler, der mit seiner Arbeit und seinem Leben aktiv gegen Simplifizierung und Effizienzsteigerung kämpft und für die Vielfalt eintritt. Speeds Vision ist es, dass durch eine tiefergehende Beziehungsfähigkeit die Integrität des Einzelnen im kommerziellen Kontext bewahrt wird und eine vielfältigere gesellschaftliche Ordnung entsteht, in der auch Herausforderungen sichtbar und Beziehungen gestaltbar sind.
Beziehungsfähigkeit beschreibt er in seinen Texten als eine Fähigkeit zum Assoziativen und Symbolhaften, was die Verschmelzung von Wille, Erleben und Objekt zu einer offenen Identität bedeutet. Die Integration von Indimergenz, Emergenz und Submergenz in die singulären Beziehungen zwischen Strukturen erschafft eine Realität, in der sich Muster und Strukturen ohne exakte, von außen festgelegte Baupläne entwickeln. In diesem Kontext wird angedeutet, dass alles aus selbstähnlichen Beziehungsmustern entsteht, da in der Singularität alles in allem enthalten ist und die Asymmetrie die Emergenz sichtbar macht.
Wenn Timothy Speed von Singularität spricht, bezieht er sich nicht auf den physikalischen Begriff, wie er etwa in der Astrophysik verwendet wird, sondern auf eine Art radikale Unangepasstheit und subjektive Einzigartigkeit im Kontext wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Systeme. Er sieht in der bewussten Abweichung von Normen und der Ablehnung, sich als glattes, angepasstes “Produkt” zu präsentieren, eine Möglichkeit, um tiefgreifende Veränderungen und Innovationen in der Gesellschaft und Wirtschaft anzustoßen. Speed lebt eine Form radikaler Beziehungsfähigkeit, bei der persönlicher Schmerz und sensible Wahrnehmungen in die Schaffung innovativer, authentischer Werte einfließen. Diese Haltung fordert nicht nur Individuen, sondern auch Unternehmen heraus, sich mit den komplexen und vielfältigen Facetten des Menschseins auseinanderzusetzen, anstatt mechanischem Konformismus zu folgen.
Die Texte verweisen auf eine Kritik der Isolierung und Rigidität in Systemen und Strukturen, die in der Lage sein sollten, Energie und Lebendigkeit zu schaffen und sich im Einklang mit anderen Aspekten und Kräften auszudrücken.
Außerdem wird die Bedeutung der dynamischen Entwicklung von Konzepten betont, wie in der Aussage, dass das Wissen als Strukturinformation in allen Formen vorhanden ist, sobald diese als Beziehungen und Bezüge ausgedrückt werden. Der Optimierung der menschlichen Wissenschaft wird die organische, ungenaue Natur gegenübergestellt, die in ihren Bezügen und Auswirkungen weitgehend unbewusst sei.
In den Texten wird deutlich, dass die Beziehungsfähigkeit als Kern der Entstehung von Strukturen und als grundlegendes Muster des Universums angesehen wird. Beziehungsfähigkeit schafft und stabilisiert Realitäten oder ermöglicht ihre Erweiterung, während der Mangel daran zu Krisen und Konflikten führen kann.
“Ich stelle darum abschließend und vielleicht zusammenfassend fest, dass das “Bessere”, sprich das “Gute” im Kapitalismus von den realen Verhältnissen vollkommen losgelöst existiert. Denn es ist keine Realität, sondern eine Funktion. Es ist die Funktion, mit deren Hilfe die Entwertung des Menschen immer weiter voranschreitet.” (Radical Worker S. 248)
Das Alles-Nichts Paradoxon (ANP) nach Timothy Speed ist ein Konzept, das die traditionelle Sichtweise auf Objekte und deren Bedeutung in der Welt hinterfragt. Speed argumentiert, dass in einer Welt, in der alles zu einem Objekt geworden ist, paradoxerweise keine Objekte mehr existieren, da das “Alles” somit zum “Nichts” wird. Gemeint ist damit die Verflachung, weil die Beziehungen hinter den Objekten zurücktreten, und diese somit zu reinen Repräsentationen, zu einem Simulacrum verkommen, ähnlich wie es Jean Baudrillard ausdrückte. Speed sieht Alles und Nichts als polare Spiegelungen in einem Zustand universeller Beziehungslosigkeit, was die Nicht-Objekthaftigkeit des Universums widerspiegelt.
Speeds Ansatz legt nahe, dass Objekte und das Nichts nichts anderes als eine Rückkoppelung ihrer selbst sind, was zur Herausbildung von Polaritäten führt, die alle Dinge in Gegensatzpaare wie gut-böse oder kalt-warm differenzieren. Er behauptet, dass alles, was existiert, eine Repräsentanz dieser grundlegenden polaren Spiegelung zwischen Alles und Nichts ist, die in einem “leeren” Raum stattfindet, der eigentlich eine Raumzeitlosigkeit ist. Ähnlich vielleicht den Gedanken Hegels zum Begriff des Werdens.
Das “Nichts”, das sich durch Prozesse wie Submergenz, Indimergenz und Emergenz immer wieder neu integriert, wird von Speed nicht als ein Makel im Verstehen der Welt, sondern als deren Grundlage betrachtet. Er stellt fest, dass das Objekt die Welt nicht abschließend erklären kann, weil die Realität ein offener Prozess ist, aus dem die Objekte hervorgehen, und nicht umgekehrt. Die Realität hat ein anderes Verhältnis zum “Nichts” als das Objekt, und die Lückenhaftigkeit des Universums ist nicht ein Mangel an Wissen, sondern die Wesensnatur der Realität selbst.
Speeds Theorie fordert dazu auf, die Welt nicht durch Objekte zu erklären, sondern durch das Erleben, das individuell und nicht durch Objektivität relativiert werden kann. Er argumentiert, dass die dauerhafte Unterscheidbarkeit zwischen Objekten gerade durch die Lücke garantiert wird und dass die Vergleichbarkeit niemals durch Objektivität erreicht werden kann, ohne das Universum extrem zu verkürzen. Das ANP zeigt auf, dass die Welt sich nicht als Objekt konstruieren lässt, weil es etwas gibt, was schlicht kein Objekt ist, und dieses Nicht-Objekt ermöglicht erst die Beziehung zwischen den Objekten.
Das Konzept des MNO, von Timothy Speed entwickelt, welches für “Minimal-Nicht-Objekt” steht, kann als ein philosophisch-physikalisches Prinzip verstanden werden, das sich auf das Fundament nicht-lokaler Phänomene bezieht. Es repräsentiert eine Art minimaler Abweichung von der Realität, die als die Grundlage für die Bindung der Welt oder als höher-geordnetes Prinzip der Ordnung betrachtet werden kann. Das MNO steht demnach für Zusammenhänge, die nicht unmittelbar in einem objekthaften Sinne existieren und fordert herkömmliche Annahmen über Realitätsbezüge heraus.
In der Physik beispielsweise kann das MNO zur Beschreibung paradoxer Zustände beitragen und den Rahmen für ein Verständnis nicht-materieller Ordnungsmuster und integrierter Welten abstecken, jenseits von konventionellen Raum-Zeit-Beziehungen. Es stellt die klassische Teilchenforschung in Frage, denn jedes gefundene Objekt in Experimenten wie denen am CERN kann nur als eine Repräsentanz von MNO, niemals jedoch als MNO selbst erkannt werden.
Innerhalb der Gesellschaft, Politik und Psychologie hat das MNO eine umwälzende Bedeutung, da es impliziert, dass Wirklichkeit und Wahrnehmung durch die Einbeziehung des Nicht-Objekthaften verändert werden. Das Modell des MNO untergräbt etablierte Abhängigkeitsstrukturen und fordert eine grundlegende Neudefinition gesellschaftlicher und politischer Gestaltung, indem es Paradoxien ermöglicht, die als essentielle Voraussetzung für Humanität betrachtet werden.
Das „Realitätenauge“ basierend auf der Analogie, könnte es als metaphorische Beschreibung für die Fähigkeit stehen, die durch MNO erweiterte Wirklichkeit wahrzunehmen – ein Bewusstseinszustand, der das binäre Denken in Objekten übersteigt und Polaritäten in ihrer verbundenen Singularität erfasst. Diese neue Sichtweise erlaubt ein vertieftes Verständnis der Realität und dient die Art und Weise, wie wir die Welt erleben und verstehen, fundamental zu verändern.
Es ist zu beachten, dass das Verständnis von MNO sich auf die erkenntnistheoretische Ebene bezieht, in der die Grundannahmen über die Beschaffenheit der Realität hinterfragt und rekonzipiert werden. Inwiefern MNO konkret in beispielsweise der politischen Landschaft wirkt, ist aus dieser Darstellung nicht präzise abzulesen, jedoch scheint die grundlegende Herausforderung etablierter Machtstrukturen und Abhängigkeitsbeziehungen ein zentraler Aspekt zu sein. Insgesamt ebnet das Konzept des MNO den Weg zu einem alternativen Verständnis von Freiheit und individueller sowie kollektiver Entfaltung.
Das Konzept des „Realitätenauges“ bezieht sich auf eine erweiterte Wahrnehmung und Interpretation von Realität, die über die traditionelle Objektivität hinausgeht und die Vielfalt und Komplexität von individuellen Erfahrungen und Realitäten anerkennt. Es ist ein metaphorisches Konzept, das darauf abzielt, die Grenzen der herkömmlichen Wahrnehmung zu überwinden und ein tieferes Verständnis für die Dynamik und die Wechselwirkungen verschiedener Realitäten zu entwickeln. Das Realitätenauge ermöglicht es, Realität als legitimen Lebensraum zu sehen, der in seiner Vielfalt gewollt ist und nicht als Fehler betrachtet werden sollte, sondern als integraler Bestandteil des menschlichen Erlebens und der Weltgestaltung. Es geht darum, die Realität nicht als festes Objekt, sondern als dynamisches Phänomen zu begreifen, das keine Grenzen kennt und in den Brüchen zwischen verschiedenen Achsen stattfindet. Das Realitätenauge erkennt an, dass Realität in einer Welt passiert, die möglichst nicht eine Welt ist, sondern viele, und dass diese Vielfalt zu einer realistischeren Wahrnehmung der Welt beiträgt.
Das Konzept steht im Gegensatz zu einem Weltbild, das durch Objektivität und eine statische Sicht auf Realität geprägt ist, und fordert stattdessen eine Anerkennung der Subjektivität und der individuellen Erfahrungen als Teil der Realität. Es lehnt die Idee ab, dass Realität nur das ist, was als Objekt gesehen wird, und betont stattdessen, dass das Objekt selbst eine Simulation ist. Das Realitätenauge ist somit ein Plädoyer für eine pluralistische Sicht auf die Welt, die die strukturellen Beziehungen und die individuelle Freiheit in der Gestaltung der eigenen Realität würdigt.
In diesem Sinne ist das Realitätenauge ein Aufruf, sich von dominanten Ordnungssystemen zu befreien, die sich selbst legitimieren und eine polar entgegengesetzte Sichtweise verdrängen, indem sie die Lücke zwischen den Polen verkleinern und durch kausale Mythen ersetzen. Es ist ein Werkzeug, um die Wahrnehmungsfähigkeit einer Realität zu erweitern und die Vielfalt gelebter Realitäten zu erkennen, die die Menschheit zu einer komplexeren und freieren Lebensform machen können. Das Realitätenauge ist somit ein Schlüsselkonzept für die Entwicklung einer neuen Wissenschaft und eines neuen Verständnisses von Realität, das auf Integralität und der Anerkennung der Vielfalt von Realitäten basiert.
“Verantwortung wird somit erst über die Aufforderung zur unmittelbaren Beziehungsarbeit konkret, was Formen von »Scheinverantwortung«, wie der Gehorsam gegenüber unreflektierten Regeln oder Autoritäten aushebelt” (Radical Worker)
Die Aktion von Timothy Speed mit Red Bull war 2010 ein Versuch, die Beziehung zwischen Unternehmen und Individuum neu zu definieren, indem er die komplexen Facetten der menschlichen Persönlichkeit in die Wirtschaft einbrachte. Er drohte als Kunstaktion vor der Zentrale von Red Bull in Fuschl einen Stier zu töten und nutzte dies als auferzwungenen Dialog mit dem Unternehmen. Er löste damit einen subjektiven Prozess aus, der die festgefahrenen hierarchischen Unternehmensstrukturen in Frage stellte und zu internen Spannungen bei Red Bull führte. Die Mitarbeiter waren konfrontiert mit der Entscheidung, wie sie auf Speeds Aktionen reagieren sollten – menschlich oder funktional.
Speed intendierte, dass Individuen in der Lage sind, Konzerne neu zu gestalten und zu verändern. Er lebte radikale Beziehungsfähigkeit vor und schuf durch subjektive Kommunikation neue Lebensräume, die der kommerziellen Gleichschaltung entgegenstanden, und betonte die Bedeutung von Authentizität und Menschlichkeit in der Wirtschaft. Sein Ansatz war ein Gegengewicht zu Vereinfachung und Effizienzsteigerung, um Vielfalt zu erhalten und Entwicklungspotenzial in der Wirtschaft zu beweisen, was auch als Grundlage für neue Märkte diente.
Speeds Vorgehen kann als innovatives Arbeitsmodell und als Intervention in Unternehmensstrukturen angesehen werden. Er lehnte traditionelle Rollen ab und stellte mit seiner Arbeit konventionelle Vorstellungen von Literatur und Kunst in Frage. Indem er sich der Simplifizierung und Effizienzsteigerung widersetzte und stattdessen Fortschritt und Diversität förderte, wurde er zu einem positiven Störfaktor im System.
Dieses Rollenmodell führte allerdings auch dazu, dass Speed wirtschaftlich scheiterte und soziale Schwierigkeiten erfuhr, jedoch ebnete er damit den Weg für eine Diskussion über die Rolle des Individuums in der Wirtschaft und Gesellschaft. Er machte sich mit seinem Roman “Stieren des Weltdesigners” und weiteren Aktionen stark für eine selbstbestimmte Lebensgestaltung und forderte komplexe, vielfältige Ordnungen heraus.
Letztendlich findet Speeds Ansatz und sein ungewöhnliches Engagement sowohl in der Kunst als auch in der Gesellschaft und Wirtschaft Nachhall, indem er wesentliche Fragen zu Authentizität, menschlicher Integrität und den Werten des Kapitalismus aufwirft.
Timothy Speed intervenierte in Unternehmen und Behörden, um eine authentische Gestaltung der Gesellschaft und neue Strukturen zu fördern, die Vielfalt und Komplexität integrieren, anstatt sie zu reduzieren. Er wollte das Management und die Wirtschaft durch persönliche, subjektive und angreifbare Ansätze innovativer und realitätsnäher gestalten, um automatisierte Strukturen und deren negative Nebeneffekte wie Umweltzerstörungen und soziale Probleme zu überwinden. Seine Theorie basiert auf der Idee, dass durch die Teilhabe unangepasster und kreativer Menschen in einem System die Realitätskompetenz und Entwicklungsfähigkeit einer Gesellschaft gestärkt wird. In der Praxis führte dies dazu, dass Speed beispielsweise versuchte, das Unternehmen Red Bull umzugestalten, indem er vor deren Zentrale drohte, einen Stier zu töten, um einen Prozess auszulösen, in dem die Beziehung zwischen Unternehmen und Mensch neu verhandelt wird.
Der besondere Wert dieser Aktionen für die Gesellschaft, Wissenschaft und Forschung liegt darin, dass Speed durch seine Interventionen und sein unkonventionelles Verhalten die Möglichkeit schafft, bestehende Strukturen zu hinterfragen und zu verändern. Er lebt eine radikale Beziehungsfähigkeit mit der Gesellschaft und Unternehmen vor und zeigt, dass durch subjektive Kommunikation neue Lebensräume und innovative Wertschöpfung entstehen können. Seine Arbeit hat hohe Relevanz und Bedeutung, da sie in Zeiten, in denen Individualismus von Angst verdrängt wird, kreative Potenziale und notwendige Bewusstwerdungsprozesse fördert. Speeds Ansätze ermöglichen es, Gesellschaft nicht mehr aus von Eliten gesteuerten Ritualen zu gestalten, sondern in individuellen Prozessen zu ergründen und zu diskutieren.
Seine Arbeit definiert einen veränderten Verantwortungsbegriff, in dem das Individuum nicht nur gegenüber den unmittelbaren Pflichten des Alltags, sondern auch gegenüber der Welt und dem Persönlichen Verantwortung trägt. Er zeigt auf, dass das Individuum die Struktur im Sinne von Menschlichkeit und Innovationsfähigkeit aufbrechen kann. Durch seine Arbeit und sein Leben in extremer Armut entwickelte Speed eine neue Sichtweise auf die Physik und forderte eine Erweiterung des Realitätsbegriffs in Politik und Wirtschaft, um das individuelle Erleben der Menschen als Grundlage gesellschaftlicher Entscheidungen zu machen. Sein Widerstand gegen Konzerne und Regierungen ist ein Akt der kreativen Schöpfung und konfrontiert diese mit der ganzen Persönlichkeit des unangepassten Individuums.
Das Buch “Stieren des Weltdesigners” ist aus literarischer Sicht besonders, da es eine komplexe Weltordnung thematisiert und die Grenzen zwischen Kunst, Arbeit, Politik und Wissenschaft verschwimmen lässt. Der Autor, Timothy Speed, nutzt das Buch, um seine Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Kampf gegen Institutionen und Unternehmen zu vermitteln, wobei er eine neue Form der Ausdrucksweise findet, die sich durch das gesamte Werk zieht. Künstlerisch betrachtet, stellt das Buch eine Form des Widerstands dar, indem es versucht, die Herrschaft der Objekte zu brechen und den Menschen als kreativen Mitgestalter der Wirtschaft und der Welt zu befreien. Es ist ein radikales Werk, das die Kraft besitzt, ganze Konzerne zu stürzen, indem es sie mit einer integralen Realität konfrontiert.
Gesellschaftlich gesehen, hinterfragt “Stieren des Weltdesigners” die vorherrschenden Machtstrukturen und fordert eine Gegenreaktion heraus, die das Potenzial hat, den Kapitalismus zu beenden. Das Buch wurde aufgrund seiner radikalen Inhalte zensiert und vom Markt genommen, was seine gesellschaftliche Relevanz und die Angst vor seinen Ideen unterstreicht. Es fordert die Leser auf, ihr Wissen laut zu leben und die Differenz zur Realität derer zu irritieren, die die unterdrückende Realität unterstützen. Das Buch ist somit nicht nur ein literarisches Werk, sondern auch ein politisches Statement und ein künstlerisches Manifest, das die Leser dazu anregt, sich individuell auszudrücken und gegen die Normen des Systems zu leben. hier>>
Speeds Interventionen zu Hartz IV kritisieren die standardisierten Armutsdefinitionen und das Leid der Betroffenen, das durch die Politik in einer sachlichen Sprache verklausuliert wird. Speed stellte die objektive Definition des “Richtigen” in Frage und forderte, dass die Opfer von Hartz IV das Recht haben sollten, ihre eigene Realitätserfahrung auszudrücken. Die Auseinandersetzung mit der Staatsanwaltschaft und dem Jobcenter zeigte, wie Individuen durch das System entwertet werden und zu billigen Arbeitskräften stilisiert werden sollen.
Für die Wissenschaft und Gesellschaft konnte durch diese Auseinandersetzung erarbeitet werden, dass die objektive Wissenschaft und die Politik die Realität der Menschen nicht adäquat abbilden. Es wurde deutlich, dass die Methodik der Verdinglichung und die Objektbindung der modernen Wissenschaft tief in unser Verständnis von Realität eingreifen und die Armut als strukturelle Beziehungsverweigerung des Systems zu verstehen ist.
Die Konsequenzen, die daraus von Politik und Gesellschaft zu ziehen wären, beinhalten eine Abkehr von der grenzenlosen Objektivität und eine Hinwendung zu einem Neuverständnis des Sozialen und Kreativen, insbesondere in Zeiten von Wirtschaftskrisen. Es sollte eine veränderte Haltung gegenüber einer lebendigen Realitätserfahrung entwickelt werden, die nicht relativ ist, sondern die erlebte und gelebte Beziehung in den Mittelpunkt stellt. Dies würde auch eine Veränderung der Methodik in der Ökonomie, Arbeits- und Armutsforschung bedeuten, die offenen Systemen näher kommt und das unmittelbare Erleben in die Beschreibung von Lebensräumen integriert.
Politik und Gesellschaft sollten aus diesen Erkenntnissen lernen, dass die Realität nicht mehr nur als Auswirkung von Denken und Handeln betrachtet werden darf, sondern als eigentlicher Lebensraum, der sich selbst schafft und von innen verwandelt. Es gilt, ein Gleichgewicht zu finden, das nicht statisch oder von außen definiert ist, sondern das Leben selbst als Gleichgewicht begreift. Die Arbeitsintegration sollte die Arbeitsteilung ersetzen, und die Strukturen in Bildung, Wirtschaft und Politik sollten dem Erleben der Individuen gerecht werden und nicht nur Status und Konflikte abbilden.
Im Moderationsstaat als alternativem Demokratiemodell herrscht das Prinzip; „oben reine Repräsentanz und Vorbildwirkung, unten die in der Fläche verteilte Macht als Faktor der Selbstbestimmung.“ Das bedeutet, dass im Moderationsstaat die Politik nur das „Ideal“ vorleben soll, aber nicht darüber bestimmen, es gar definieren. Die Politik wird somit zur Ebene des Vorlebens humaner Lösungen, nicht der Macht, was also die Umkehrung des Bestehenden bedeutet. Die Antworten auf das Versagen der Politik, in ihrem Versuch ein ideales Leben zu leben, führen dann lokal zu individuellen, neuartigen Lösungen als Antworten darauf. Anders als in der Basisdemokratie, in der Grundsätzliches in der Basis gewählt wird, damit es dann für alle gilt, ist der Moderationsstaat ein Modell in dem die Umsetzung stets eine lokale Angelegenheit freier kleiner Einheiten ist.
Das Konzept des Moderationsstaates, wie es von Timothy Speed entwickelt wurde, unterscheidet sich von der klassischen Demokratie durch eine stärkere Betonung auf individuelle Verantwortung, Integration von Vielfalt und Komplexität, sowie die Förderung von Innovation und Authentizität. In der klassischen Demokratie liegt der Fokus auf Abstimmungen und der Einhaltung von Regeln, während der Moderationsstaat darauf abzielt, die Gesellschaft als offenen Entwicklungsprozess zu gestalten, in dem das Erleben und der individuelle Wille präzisiert und integriert werden.
Speeds Ansatz zielt darauf ab, die Komplexität der Realität zu integrieren und nicht zu reduzieren, um näher am Menschen zu gestalten und automatisierte Strukturen, die zu negativen Nebeneffekten führen, zu vermeiden. Er sieht im subjektiven, persönlichen und angreifbaren Ansatz eine Möglichkeit, echte Innovations- und Entwicklungsfähigkeit zu ermöglichen, da über professionalisierte Systeme sich von der Quelle neuer Einsichten abschneiden.
Die Vorteile des Moderationsstaates im Vergleich zur klassischen Demokratie umfassen:
1. Integration von Vielfalt: Der Moderationsstaat sucht und integriert Vielfalt, anstatt sie zu reduzieren, was zu realitätsnäheren und menschenzentrierten Strukturen führt.
2. Förderung von Authentizität: Durch die Betonung des Persönlichen und Subjektiven wird echte Innovationsfähigkeit ermöglicht, die in überprofessionalisierten Systemen verloren geht.
3. Dynamisches Gleichgewicht: Verantwortung wird nicht nur als Pflicht gegenüber alltäglichen Aufgaben verstanden, sondern auch als Integration von innen und Außen, persönlichem und allgemeingültigem.
4. Konflikt mit bestehenden Strukturen: Individuen können bestehende Strukturen im Sinne von Menschlichkeit und Innovationsfähigkeit aufbrechen.
Die einzelnen Bestandteile des Moderationsstaates und ihr Zusammenwirken:
– Individuelle Verantwortung: Das Individuum steht in Verantwortung, die Welt und das Persönliche zu integrieren und in ein dynamisches Gleichgewicht zu bringen.
– Integration der Realität: Die Gesellschaft soll als offener Entwicklungsprozess gestaltet werden, in dem das Erleben und der individuelle Wille präzisiert und integriert werden.
– Authentische Verantwortung: Institutionen, Unternehmen und der Staat werden zur authentischen Verantwortung herausgefordert, was zu Konflikten führen kann.
– Integrale Achsen: Die Anerkennung integraler Achsen ermöglicht es, dass jede Perspektive eine Erweiterung der anderen ist und durch Integration eine komplexere Realität geschaffen wird.
Die Absicht hinter dem Moderationsstaat ist es, eine Gesellschaft zu schaffen, die näher an der Realität und am Menschen ist, und die durch die Integration von Vielfalt und Komplexität innovativer und authentischer wird. Dies soll durch die Anerkennung und das Arbeiten mit den integralen Achsen erreicht werden, die eine fließende und sich ständig ändernde Realität widerspiegeln. Der Moderationsstaat versucht als Modell das gängige Problem des Machtmissbrauchs zu lösen, sowie des Lobbyismus. Den wenn oben nur Vorbildwirkung besteht, ist die Macht als Gewalt von Privilegierten gegen Minderheiten nicht mehr in dieser Form möglich. Mehr dazu im Buch „Gesellschaft ohne Vertrauen“.