Künstler, Buchautor, TV- und Filmproduktion, Speaker, Artistic Research: Armutsforschung (Klassismusforschung) Die Zukunft der Arbeit.
Künstler, Buchautor, TV- und Filmproduktion, Speaker, Artistic Research: Armutsforschung (Klassismusforschung) Die Zukunft der Arbeit.

2010

Auf dem Sofa von Silvia Bovenschen

Gemeinsam mit dem Lektor Roland Spahr vom S.Fischer Verlag sitze ich auf dem Sofa der wundervollen Feministin Silvia Bovenschen. Ihre Lebensgefährtin, die Malerin Sarah Schumann, bringt uns Getränke. 

Es ist eine Art Casting. Man will entscheiden, ob der S.Fischer Verlag meinen Roman publizieren wird oder nicht. Seit Jahren versuche ich aus Spaß Herrn Spahr mit, in Texte gewickelten Torten und Whiskyflaschen, in diese Richtung zu bestechen. Erfolglos.

Ich bin nervös, rede viel, weiß mich nicht zu verorten. Silvia Bovenschen fragt mich was ich sagen würde, wenn die Presse mich fragt, was ich tue. In dem Moment schlägt meine Kommerzialisierungsverweigerung grausam zu und ich werde sperrig. 

Die zentrale Frage an diesem Tag lautet, werde ich in meiner Zerrissenheit zwischen Forschung und Kunst, zwischen den Stühlen von Theorie und dem Erzählen von Geschichten eine verwertbare Entscheidung treffen? Werde ich aufhören diese verschiedenen Welten zu kombinieren, oder zu vermischen?

Es ist die Brutalität der Vermarktbarkeit künstlerischer Werke, die mich jetzt in die Ecke drängt.

Silvia Bovenschen sagt zu mir energisch, mit dramatischer Geste: “Sie wissen wer gewinnen muss!”

Tatsächlich weiß ich es nicht. Ich will etwas Anderes. Ich will nicht abgegrenzte, klare Werke in einem Kulturapparat produzieren, sondern Sand im Getriebe einer Gesellschaft sein, die über den Erfolgsdruck die Realität verengt. Ich bin nicht ohne Grund “dazwischen”, schlecht  einzuordnen, sperrig. Ich erkenne darin die Chance die Türe zur Komplexität, zur “es ist doch alles anders”, offen zu halten. Wir leben in einer Zeit ohne angemessene Antworten, weil wir verkürzen. Dem versuche ich etwas entgegen zu setzen und der komplexeren Ordnung zu dienen. 

Das ausgerechnet Silvia Bovenschen mir an diesem Tag die partriarchale Logik des Marktes vermitteln will, ist ein ironischer Moment, der nichts an ihrer großartigen Arbeit schmälert.

Ein wenig aber bin ich erschrocken, finde keinen Platz in dieser Welt.