Frühe Berliner Jahre
1997 ziehe ich, mit 7 Kartons im Zug, nach Berlin, wandere das zweite Mal in meinem Leben, für immer aus einem Land aus. Ich will vor Wien fliehen, weil die Stadt mir dort zu eng wird, ich keine Perspektive mehr sehe.
In der Hauptstadt Deutschlands arbeite ich frei für Agenturen. Zunächst für und mit Pascal Johannsen, den späteren Mitbegründer vom Direktorenhaus in Berlin.
Das Berlin der 90er ist ein Sehnsuchtsort. Ich kenne es zuvor nur aus Wim Wenders Film „Der Himmel über Berlin“. Doch die Deutschen sind anders als die Österreicher. Die Nüchternheit der hiesigen Arbeitswelt. Wieder eine andere Kultur, eine andere Ordnung, die es zu verstehen gilt. Eine Stadt, die keine gewachsenen Strukturen besitzt, gar zulässt. Mir in dieser Hinsicht nah und doch unverbindlich, chaotisch, konsequenzenlos.
Das ist nicht mein Naturell. Ich suche das Konstruktive, will etwas aufbauen. – Am Anfang lässt Berlin einen viel sehr machen, doch mit der Zeit entzieht die Stadt einem den Boden unter den Füßen. Sie vergisst einen, macht einen anonym.
Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass es Orte und Zeiten gibt, die bestimmte Formen der Gestaltung zulassen oder verhindern. Ich suche wieder das Momentum. Mal gelingt dies, mal nicht.
Damit will ich sagen, für manche Menschen gibt es keine Planbarkeit entlang einer Leiter nach oben, sondern sie bleiben auf Gelegenheiten angewiesen. Das ist die Struktur der MigrantInnen, der Minderheiten, der Marginalisierten. Die Situationen werden die Ausgangspunkte der Arbeit, des ganzen Lebens. Man handelt mit dem was da ist und weiß nie was als Nächstes möglich werden oder verhindert wird. Daraus wachsen die „zerbrochenen Biografien“, die Karriereberater nicht verstehen, weil sie dem Irrtum unterliegen, zu glauben auf Leistung würden Chancen folgen, auf Entscheidungen zwangsläufig Fortschritte. Das das Richtige stets belohnt wird.
Ich lerne meine erste Frau kennen, schon bald darauf folgen zwei Kinder. Auch Teil einer Sehnsucht nach einem Existieren im Leben der Anderen. Nach Sinn und Bedeutung.