Ein neues Buch stärkt die Position der Armen und dreht den Spieß um. Speed zeigt in seinem Essay eindringlich, provokant und intelligent, wie Armut in Volkswirtschaft, Politik und Kultur missverstanden und Entwicklungspotenzial in der Gesellschaft dadurch verhindert wird. Armut ist selten auf diese Weise beschrieben worden, von einem der sie aus eigener Erfahrung kennt und sich zugleich seit Jahren mit Gesellschaftsentwicklung befasst. Er gibt den Armen ihre Kompetenz zurück und fordert eine Wirtschaft, die sich mehr auf kreative Prozesse einlässt und aufhört die Armut zu dämonisieren. Speed entlarvt die traditionellen Vorurteile, Missverständnisse und Rollenbilder in der Armut und auch, wie diese von den Eliten benutzt werden, um die Meinungsmacht in der Gesellschaft zu lenken. Finden die Armen zur verbotenen, inneren Stärke, ergründen ihr entwertetes Wissen, durch welches Gesellschaft hinterfragt und neu gestaltet werden kann, werden auch ihre natürlichen Kompetenzen sichtbar, die teils bewusst vom Markt ausgeschlossen werden. In diesem Prozess der bewertungsfreien Bewusstmachung von tieferen Zusammenhängen, muss der Gesellschaftsvertrag, die Beziehung zwischen Armen, Arbeitern, Unternehmen, Eliten und Staat neu und gleichberechtigt verhandelt werden. Speed lebt hier einen selbstbewussten Verarmten vor, der Ansprüche stellt und von der anderen Seite der Armutserfahrung erzählt. In seinen “systemkreativen” Ansätzen und Prozessen zeigt er auch Antworten auf die Frage, wie neue Märkte, ja eine ganz andere Ökonomie, durch einen offeneren Umgang mit der Armut entstehen könnte. Eine verdrängte Perspektive, die gesehen und deren Stimme gehört werden sollte.
Weitere Rezension zum Buch und den darin enthaltenen Theorien:
“Stärke in der Armut” ist ein Essay von Timothy Speed, der sich mit der Rolle von selbstbestimmten, unangepassten und kreativen Menschen in wirtschaftlichen und staatlichen Strukturen auseinandersetzt. Speeds Ansatz ist ungewöhnlich, da er sich durch seine eigene Armut und den Widerstand gegen das Hartz IV System als ein Beispiel für Wirtschaftsförderung und volkswirtschaftliche Verantwortung positioniert. Er kritisiert das bestehende Verständnis von Armut und Arbeitsmarkt und zeigt auf, wie Arme als Sündenböcke für wirtschaftliche Schwächen missbraucht werden.
Speeds Ansatz unterscheidet sich von anderen durch seine direkte Konfrontation mit staatlichen Behörden und seine Weigerung, sich den Anordnungen des Jobcenters zu unterwerfen, was ihn zu einem wichtigen Querdenker in der Diskussion um eine neue Ökonomie und Gesellschaftsgestaltung macht. Er lebt Themen subjektiv aus und macht sich angreifbar, um den Blick für das Neue jenseits seiner Person oder Sichtweisen zu schärfen. Seine Arbeit wird als systemkreativ bezeichnet und bietet Antworten auf die Frage, wie eine Alternative zum Kapitalismus aussehen könnte.
Die Grundüberlegungen in Speeds Arbeit sind:
1. Die Notwendigkeit einer freieren Gesellschaft und kreativen Wirtschaft, die auf der inneren Ordnung jedes Individuums basiert.
2. Die Bedeutung von Authentizität und Menschlichkeit als Grundlage für innovative Wertschöpfung und Entwicklungspotenzial in der Wirtschaft.
3. Die Förderung der Teilhabe von vielfältigen, kritischen und unangepassten Menschen im System, was für die Realitätskompetenz und Entwicklungsfähigkeit einer Gesellschaft entscheidend ist.
4. Die Anerkennung der natürlichen Ordnung des Humanen und Kreativen gegenüber der Ordnung des Marktes.
Die Auswirkungen für Politik und Gesellschaft sind vielfältig:
– Speeds Arbeit fordert eine Neubewertung der volkswirtschaftlichen Verantwortung und Wertschöpfung aus einer anderen Perspektive.
– Er zeigt, dass das Soziale nicht im Widerspruch zur ökonomischen Sichtweise steht und dass Armut nicht mit wirtschaftlicher Schwäche gleichzusetzen ist.
– Seine Ideen könnten zu einer integrativeren Gesellschaftsgestaltung führen, in der individuelle Prozesse diskutiert und demokratische Prozesse gefördert werden.
– Speeds Ansätze könnten zu einer Wirtschaft führen, die auf Vertrauen und kreativen Potenzialen basiert, anstatt auf Angst und Sicherheitsbedürfnis.
Insgesamt stellt “Stärke in der Armut” eine Herausforderung für traditionelle Ansichten über Wirtschaft, Arbeit und Armut dar und bietet einen radikalen Ansatz zur Umgestaltung der Gesellschaft und ihrer ökonomischen Grundlagen.
Timothy Speed beschreibt Armut als einen Zustand, der nicht nur durch wirtschaftliche Knappheit gekennzeichnet ist, sondern auch durch eine gesellschaftliche Unsichtbarkeit und Missverständnisse. Er sieht Armut als ein Resultat der Verdrängung von Kompetenz und nicht als Folge von fehlendem Wissen oder falschen Handlungen. Speed betont, dass Armut nicht mit wirtschaftlicher Schwäche gleichzusetzen ist und dass die Armen als Sündenböcke für wirtschaftliche Schwächen missbraucht werden. Er kritisiert die gängige Praxis, Armut als Randproblem zu betrachten, das durch das Versagen der Armen selbst erzeugt wird, und fordert eine Neubewertung der volkswirtschaftlichen Verantwortung und Wertschöpfung aus der Perspektive der Armen.
Speed stellt sich gegen die Vorstellung, dass Armut durch einfache Integration in den Arbeitsmarkt überwunden werden kann, und argumentiert stattdessen für selbstbestimmte und kreative Wege zur Fülle, die nicht auf Freiheitsverzicht beruhen. Er beschreibt die Armut als einen Mechanismus, der die Lebendigkeit und Fülle der in ihr lebenden Menschen unterdrückt, weil diese nicht kontrollierbar und reduzierbar sind. Speed lebt dies als selbstbewusster Verarmter vor, der Ansprüche stellt und von der anderen Seite der Armutserfahrung erzählt, und bietet damit eine bahnbrechende Perspektive auf Armut.