Neurodivergenter Künstler (Autist, Asperger), Buchautor, TV- und Filmproduktion, Speaker, Artistic Research: Armutsforschung (Klassismusforschung) Die Zukunft der Arbeit.

Die Gestaltung einer humanen Gesellschaft und einer Ökonomie, die, wie ein Ökosystem funktionierend, möglichst viele diversifizierte Lebensformen in der ganzen Komplexität erhalten und integrieren kann, erscheint heute zwingend. Welche Haltung muss der Mensch dafür einnehmen?

In Jahrzehnten der Forschung (Artistic Research), angesichts der Krisen der vergangenen Jahre, versuchte ich der Frage nachzugehen, welche Arbeit (als dominante Handlungsform des Menschen) die heute angemessene ist und wie Wert von Arbeit und Beitrag in einem ökologischen und nachhaltigen Sinne zu verstehen wäre.

Dabei stellte sich heraus, was zunächst an sich nicht neu ist, dass die „Jobs“ in ihrer Fremdbestimmung (Marx), im “Iron Cage” (Weber) zu oft zu opportunistischem Verhalten führen und sich negativ auf Solidarität und authentische Verantwortung auswirken, also auf die wichtigen Bausteine humaner und innovativer, kreativer Zusammenarbeit.

Dadurch wurde gesamtgesellschaftlich immer weniger an den “eigentlichen Problemfragen”, im Sinne des Gesamtbildes (Ökologie, Ökonomie, Soziales)der Gesellschaft gearbeitet.  Verantwortung verschob sich zu einem reinen Gehorsam gegenüber dem Markt, um Geld zu verdienen, um niemandem zur Last zu fallen, während genau das am Ende alle psychisch, ökologisch und ökonomisch belastete. Eine Folge der privatwirtschaftlichen Arbeitsteilung.

Weil eine Arbeitsweise, die teilweise oder ganz das größere Bild reintegriert, eine langwierige und über Löhne kaum zu bezahlende Arbeit wäre und ist, schien eine Lösung in weiter Ferne. Es ging um einen Ansatz der Demokratisierung der Arbeit. (Axel Honneth), somit der Demokratisierung des Kapitalismus selbst (Thomas Piketty).

Was wir vielleicht heute brauchen, ist nicht kompatibel mit einem auf Effizienz allein basierenden Arbeitsmarkt. Die Jobs verengen den Menschen.

Bei diesen Untersuchungen ging es zwar wie gesagt auch um bekannte Phänomene wie die Entfremdung nach Marx, oder die Bullshit-Jobs nach David Graeber, oder um Ansätze wie “New Work” (Frithjof Bergmann), aber ich versuchte darüber hinaus herauszufinden, wie man es anders machen kann, wenn man selbst in Systeme eingreift. Vieles lies sich nicht verallgemeinern, oder wurde wie bei “New Work” schlicht vom Kapitalismus vereinnahmt.

Denn die klassischen Ansätze beschreiben das Bild von Außen, diese ForscherInnen haben in der Regel nicht selbst versucht ihre eigene Arbeitsweise radikal zu verändern. Es waren oder sind AkademikerInnen in ProfessorInnen-Jobs. 

In unzähligen empirischen Experimenten mit Unternehmen und staatlichen Stellen, durch Provokation und Intervention, erforschte ich, wie sich Institutionen verhalten, wenn konkrete Menschen versuchen darin individuelle Wünsche, Erkenntnisse, Feststellungen von Problemen oder Krisen einzubringen, zu einem Teil der Arbeit zu machen. Diese in Besitznahme der Arbeit, durch den verantwortlich gewordenen Menschen, wurde dabei zur Grundlage der Erarbeitung neuer Regeln oder Rahmen, in denen eine andere Form des Arbeitens, eine Arbeit als Arbeit an der Welt, an der Gesellschaft, den Kapitalismus und das Patriarchat umzuformen begann, jedenfalls im Experiment. Man könnte es als einen Versuch der Erweiterung des Kapitalismus verstehen. Indem das Privatwirtschaftliche mit dem Individuellen und dem Gesamtgesellschaftlichen und Ökologischen verbunden wurde. Jedoch viel radikaler als im Sinne der Schlagworte wie Nachhaltigkeit oder bei Zuweisungen gegenüber der Arbeitshaltung der “revolutionären” Genration X, Y oder Z. Auch anders als in vielen Unternehmen, schlicht ein wenig Greenwashing hier, ein wenig sozialer Work-Life-Ballance dort, oder die scheinbare Integration von “New Work”, ohne dass es weh tut, legte ich die Betonung auf eine Integration von unten, also durch das die Welt subjektiv erlebende Individuum. Durch den unangepassten Menschen, der kritisch interveniert. Erst hier zeigte sich das Konkrete. 

Erst wenn man probierte, radikal, die eigentlich angebrachte Arbeit zu leisten, in subjektiver und ganz individueller Antwort, denn nur das Individuum erkennt Probleme, man also die Problemfelder dieser Gesellschaft nicht ignorierte, oder im Marketing beschönigte, wurde und wird erkennbar wie primitiv, wie unfähig und schädlich der kapitalistische Markt tatsächlich in dessen unzähligen Verkürzungen ist. Wie einseitige Wertzuweisung zu massiver Zerstörung führt. Wie Ausgrenzung und Ausbeutung verlaufen.

Der einzige Hebel den der Mensch heute noch gegen den Kapitalismus hat, ist die Überwindung der Angst vor der Armut und der damit verbundenen Stigmatisierung.

Hier zeigte sich der Vorteil des Forschungsansatzes im Artistic Research, in dem das Individuum als Auslöser der Versuchsanordnung Teil des Experiments ist. Dadurch konnte Kunst, Aktivismus und Forschung verbunden werden.

Ich ging in Firmen und Behörden und begann diese Umzubauen, zu provozieren, zu beraten, zu inspirieren oder zu verschrecken. Störung und Reintegration der Erfahrung wurde zum Werkzeug der Erforschung neuer Zugänge zu Arbeit. Die oft finanziellen Folgen wurden der Gesellschaft zur Diskussion gestellt, im Sinne von: “Wollt Ihr lieber, dass ich Gummibärchen verkaufe, oder wie geht Ihr jetzt mit der Arbeit die ich mache um?”

Man kann lange Theorien dazu erarbeiten, was ich auch tat, aber mir ging es besonders darum in praktischen empirischen Experimenten wie dem “Radical Worker” die Reibungsflächen sichtbar zu machen und zu zeigen, wie es anders gehen könnte. Dabei entstanden eben gerade nicht die üblichen sozialistischen Visionen, sondern eine Haltung, in der es darum ging das Individuum als solches aufzuwerten, jedoch nicht als vorformatierte Schein-Diversität einer VerbraucherIn im freien Markt, sondern als authentisch erarbeitete Abweichung, die in der Masse komplexere und somit tatsächlich freiere ökonomische Strukturen und Gesellschaften implizierte, oder zumindest einen Weg dort hin sichtbar machte. Denn die Grundlage der Freiheit ist immer eine vielfältige Grundstruktur. Umso komplexer, umso liberaler, wird die Angst aus dem System genommen, was heute ein erhebliches Problem geworden ist, da auf Komplexität nicht mit mehr Freiheit, sondern mit mehr Simplifizierung geantwortet wird.

Die kritische Konsumentin ist im Grunde zu schwach, nur die kritische ArbeiterIn oder Angestellte, oder UnternehmerIn, die den Job im Sinne der Menschheit in Besitz nimmt, vermag die Kraft zu notwendiger Veränderung der ökonomischen und ökologischen Verhältnisse unserer Zeit, aus dem Boden zu heben.

Hier finden Sie eine Zusammenstellung von einzelnen Begriffen und Konzepten, die im Rahmen dieser Arbeit von 30 Jahren entstanden. Mehr dazu auch in meinen Büchern.

Theorien und Begriffe aus der Arbeit zwischen 2001 und 2024.

“Im Kern geht es in meiner Arbeit um die Beziehung zwischen Individuum und Institution, System, Unternehmen oder Staat, denn weder Kapitalismus noch Sozialismus vermochten den Einzelnen als Abweichung zu integrieren, als diversifizierten einzigartigen Beitrag, der zu jener Diversität führt, die ein Ökosystem benötigt, um sich selbst zu erhalten.”

“Ich stelle darum abschließend und vielleicht zusammenfassend fest, dass das “Bessere”, sprich das “Gute” im Kapitalismus von den realen Verhältnissen vollkommen losgelöst existiert. Denn es ist keine Realität, sondern eine Funktion. Es ist die Funktion, mit deren Hilfe die Entwertung des Menschen immer weiter voranschreitet.” (Radical Worker S. 248)

“Verantwortung wird somit erst über die Aufforderung zur unmittelbaren Beziehungsarbeit konkret, was Formen von »Scheinverantwortung«, wie der Gehorsam gegenüber unreflektierten Regeln oder Autoritäten aushebelt” (Radical Worker)