Dies soll eine Momentaufnahme sein, in der Frage wie es sich heute als Kulturschaffender in Brandenburg arbeitet.
In den letzten 10 Jahren wurde ich selbst immer wieder zum Überlebenden rechter Gewalt, begangen durch Rechtsradikale in Brandenburger Behörden. Ich wurde verfolgt, man verweigerte mir nach fast 30 Jahren die Einbürgerung, wegen meiner künstlerischen Arbeit. Beamte beleidigten mich rechtsradikal.
Wir leben in einer Zeit, in der Kulturschaffende zunehmend, als Bedrohung simplifizierter Weltbilder betrachtet werden. Dies geht so weit, dass in Brandenburg von weit verbreiteter KünstlerInnenfeindlichkeit, wie natürlich auch von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Hass gegen MigrantInnen gesprochen werden muss. Dass die Gewalt dabei schon bis in Ministerien und Staatsanwaltschaften vorgedrungen ist, wie die aktuelle SLAPP Klage gegen mich als Künstler zeigt, macht Angst. KünstlerInnen und AktivistInnen werden zunehmend, das illustrieren auch Untersuchungen von Seiten der EU bedroht und verfolgt, auch mit Unterstützung lokaler Behörden und staatlicher Stellen, die eindeutig unter Bezugnahme von Rassismen agieren. Dies verwundert nicht, angesichts der hohen Zahl an AfD WählerInnen in Bundesländern wie Brandenburg oder Sachsen. Die biodeutsche “Normbevölkerung” bemerkt davon freilich noch wenig.
Meine Arbeit war immer auch eine Haltung gegen Rechtsradikalismus, also gegen jene Menschenverachtung, die in der Simplifizierung Randgruppen die Schuld an allem geben möchte, was strukturell und institutionell zu Verdrängungswettbewerben mit entsprechenden Leidtragenden geführt hat, statt sich die komplexeren Muster anzusehen und davon humanere Antworten abzuleiten.
Für mich war schon in den 90er Jahren klar, dass das rechte Monster noch nicht überwunden ist, weil dieses nur vordergründig aus braunen Skinheads bestand, sondern in sich eine Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit war und ist, die siehe den Sozialrassismus beispielsweise in den Hartz-IV-Gesetzen, oder den Umgang mit Migration, nie wirklich verschwand. Auch die scheinbar wohlhabende und aufgeklärte Bundesrepublik hatte immer ihre Bereiche massiver Abwertung, Ausgrenzung und Entmenschlichung von bestimmten Gruppen.
Wir wissen aus der Forschung, dass Faschismus und Rassismen immer dann besonders stark als Reflexe zurückkehren, wenn der Verteilungskampf zunimmt. Heute besteht dieser nicht nur aus monetären oder politischen, sondern auch aus technologischen Ressourcen. Umso wichtiger ist es hier mit Solidaritätskonzepten und freieren Formen der Mitgestaltung von Gesellschaft zu antworten, was die ganze Absicht meiner Arbeit von drei Jahrzehnten war und ist. Nämlich das zu enge Format des Bestehenden, siehe Kapitalismus, siehe Probleme der Demokratie, des Arbeitsbegriffs noch demokratischer, noch kreativer, noch humaner weiter zu entwickeln, statt in Angst alles noch enger zu ziehen. Wie diese der Rechtspopulismus macht.
Schon in meinem Buch „Gesellschaft ohne Vertrauen“ ging es 2004, also vor 20 Jahren um diese Gefahr und um die Frage wie wir das angehen können.
Ich möchte mit diesem kurzen Beitrag nicht auf die vielen Ansätze und Theorien eingehen, die dazu von vielen und auch von mir erarbeitet wurden, sondern schlicht feststellen, dass die Lage in Deutschland heute dramatisch ist. „Wir“ Kulturschaffenden erleben zunehmend mehr Hass und Gewalt gegen unsere Arbeit und gegen uns als Personen. Wir werden gecancelt, weil wir unsere Arbeit tun, weil wir Debatten nicht vereinfachen wollen, sondern offen durchführen. Wir sind konfrontiert mit neuen Formen von Zensur und Verfolgung, die bedrohlich erscheinen. Ich will das äußern, weil es wichtig ist, dass Andere erkennen, dass sie in dieser Erfahrung nicht allein sind.
Nach Corona sind die Arbeitsbedingungen weiterhin schwierig und man kann sagen, dass die Kulturszene an sich noch mehr bedroht ist, als sie es bereits in den Jahren davor war.
Die Kulturpolitik in Brandenburg und Berlin hat darauf keine angemessene Antwort. Institutionen wie der Deutsche Kulturrat zeigen sich als hilflos und entfremdet von denen die sie vertreten sollen.
Was es jetzt braucht, sind aber keine neuen Anfeindungen, sondern Solidarität und Versuche diese Zeit zu nutzen, um humane, kreative Antworten auf die großen Probleme zu finden. Dafür muss der Raum aber auch genug Freiheit und Sicherheit bieten, um darin auch Kontroverses, Kritisches, Dunkles hervorholen und dadurch bearbeitbar zu machen. Kunst ist keine Wissenschaft. Sie ist auch oder gerade der subjektiven Freiheit verpflichtet. Sie muss sich keiner Kontrolle ihrer Ideen stellen, sondern dem offenen Diskurs. Das ist die Aufgabe, die wir in einer Demokratie erfüllen können.
Es müssen dabei Antworten gegen Antisemitismus, Menschenfeindlichkeit und Rassismen gefunden werden, was kein leichter Prozess ist. Es reicht nicht zu verkürzen, abzuschließen, sondern es braucht offenen Dialog und die Möglichkeit zu Fehlern und Scheitern. Das macht Kultur wesentlich aus.
Das erfordert aber Respekt gegenüber der Kultur, die ich heute zunehmend verschwinden sehe. Die Kunst und Kultur hat sicherlich selbst viele interne Probleme und einiges davon wird auch laufend von unzähligen Kulturschaffenden beackert und bearbeitet. Aber als grundlegendes Menschenrecht des Selbstausdrucks, ist die Kunst gerade heute unverzichtbar und kann dort Antworten liefern, wo ansonsten Individuen ängstlich schweigen.
Dieser neuen Rechtsruck darf nicht dazu führen, dass am Ende auch die Kultur schweigt. Das setzt voraus, dass der offene Raum der Kultur um jeden Preis erhalten bleibt.
Was Kunst und Kultur zum Ausdruck bringen mag nicht selten Schmerzen bereiten, was alles kritisiert und bemängelt oder gefeiert werden kann, aber es sollte nie dazu führen, dass der Kulturraum an sich bedroht wird.